MEMORABILIA
Mit dem Ende des Krieges begann auch der Kult um die Gräber der »gefallenen Helden«. So bestimmte Artikel 16 des
Friedensvertrags von Frankfurt vom 10. Mai 1871:
»Beide Regierungen, die Deutsche und die Französische, verpflichten sich gegenseitig, die Gräber der auf ihren Gebieten beerdigten Soldaten respektiren [sic] und unterhalten zu lassen.«
In der unmittelbaren Folgezeit wurden zahlreiche Denkmäler und Grabdenkmäler auf den ehemaligen Schlachtfeldern errichtet, was einen regelrechten Schlachtfeldtourismus nach sich zog. So erschien in Saarbrücken bereits 1877 der wohl erste Führer über das ehemalige Schlachfeld der »Schlacht bei Spichern«: Denkmäler und Erinnerungszeichen auf den Schlachtfeldern bei Saarbrücken von Arthur von Lattorf.
Wer Saarbrücken besuchte, der verband dies auch mit einem Besuch des ehemaligen Schlachfelds mit seinen Denkmälern und Gräbern und natürlich des Winterbergdenkmals, sofern der Besuch des Schlachtfelds nicht sogar der eigentliche Grund der Reise nach Saarbrücken war. Um den Besuchern die damals noch recht beschwerliche Erkundung des Vorfelds und des Roten Bergs etwas angenehmer zu gestalten, entstand 1897 inmitten des ehemaligen Schlachtfelds das Restaurant Woll. Hier ließ
sich auch eine ansehnliche Sammlung von Hinterlassenschaften der Kämpfe bestaunen. Ein Restaurant mit einer Waffensammlung ehemaliger Gefallener gab es im Übrigen auch auf der Bellevue: das Restaurant Zur alten Belle-vue.
Und damals wie heute wollten die Touristen auch ein Stück Erinnerung an ihren Besuch mit nach Hause nehmen. Diesem Wunsch fiel zum Beispiel der Lulustein auf der Bellevue zum Opfer: bis 1914 musste er mehrfach erneuert werden, da die Gedenksteine von Souvenirjägern immer wieder zerstückelt worden waren.
Ansichtskarten
Dem Wunsch nach einem Andenken kam man vor allem durch den Verkauf von Ansichtskarten nach, wie die hier gezeigte, auf der die wichtigsten Denkmäler zusammen abgebildet sind. Im Laufe der Jahre nach den Ereignissen wurde eine nicht annähernd bestimmbare Anzahl an Ansichtskarten mit entsprechenden Motiven in Umlauf gebracht. So tauchen
bei heutigen Versandhändlern immer wieder neue (alte) Ansichtskarten auf, welche die bekannten Motive (Denkmäler, Gräber, Gedenksteine, etc.) aus jeweils anderen Perspektiven oder zu jeweils anderen Zeitpunkten zeigen. Die jüngsten Ansichtskarten dürften aus den frühen 1940er Jahren stammen.
Kriegsdenkmünze für die Feldzüge 1870-71
Für die Kriegsteilnehmer stiftete Kaiser Wilhelm I. am 20. Mai 1871 die Kriegsdenkmünze, die in zwei Ausführungen ausgegeben wurde: für Kombattanten (aus Bronze) und für Nichtkombattanten (aus Stahl). Aus Anlass des 25. Jahrestags des Sieges über Frankreich wurden am 18. August 1895 zur Denkmünze für
Kombattanten noch insgesamt 25 Gefechtsspangen gestiftet, die den Namen des jeweiligen Gefechts trugen und für diejenigen bestimmt waren, die an diesen Gefechten teilgenommen hatten. Unter den Gefechtsspangen befand sich auch eine mit der Prägung SPICHEREN – befestigt wurde die Spange am Band der Denkmünze.
Im Gegensatz zur Kriegsdenkmünze mussten die Gefechtsspangen jedoch privat, d. h. auf eigene Kosten beschafft werden.
Briefmarken
Im Nachgang zur Saarabstimmung von 1955 wurde auch versucht, das nach seiner Sprengung im September 1939 noch immer in Trümmern liegende Winterbergdenkmal wieder für politische Zwecke zu nutzen. Im Briefmarken-Jahrgang 1956 des Saarlandes wurden drei nur farblich und vom Wert her unterschiedliche Marken mit der gleichen Grafik des Denkmals im Zustand vor seiner Zerstörung herausgegeben.
Hinzu kam zur Ausgabe am 29.10.1956 eine kaum überschaubare Zahl von Ersttagskarten und -briefen mit einem stilisierten Bild des Winterbergdenkmals und einem Eindruck »Zum Wiederaufbau von Denkmälern im Saarland« oder ähnlichem Wortlaut.
Hier sei nochmals erwähnt, dass die
Kriegsereignisse und die Alliierte Kontrollratsdirektive Nr. 30 vom
13. Mai 1946, wonach Denkmäler mit militärischem und
nationalsozialistischem Charakter zu entfernen seien, für
große Lücken auch in der saarländischen Denkmallandschaft
verantwortlich waren. Um diese nach der Abstimmung von 1955 wieder zu
schließen, wurden seitens der saarländischen Landesregierung
Gelder zur Verfügung gestellt, die jedoch bei Weitem nicht
ausreichten, um alle beschädigten oder zerstörten Denkmäler
wiederherzustellen. So versuchte man, das benötigte Geld durch
Spenden zu beschaffen oder durch den Verkauf entsprechender
Briefmarken und Schmuckkarten bzw. Schmuckbriefe. Das Motiv Winterbergdenkmal stand hierbei wohl als das Denkmal im Saarland stellvertretend für alle anderen Denkmäler, wobei es auf einigen Schmuckumschlägen auch explizit im Aufdruck benannt wird.
Im gleichen Briefmarken-Jahrgang gab es im Übrigen auch eine Saar-Briefmarke zur Unterstützung für das Deutsche Rote Kreuz. Die am 7. Mai 1956 herausgegebene Briefmarke orientiert sich an der Zeichnung eines Verbandplatzes in der Metzer Straße von Carl Röchling (* 18. Oktober 1855 in Saarbrücken, † 6. Mai 1920 in Berlin), einem der bekanntesten Schlachten- und Historienmaler der Jahrhundertwende.
Reklamemarken
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, also lange vor Herausgabe der Saar-Briefmarken, die das Winterbergdenkmal und das Verbandshäuschen zeigen, waren Reklamemarken mit Motiven aus dem Deutsch-Französischen Krieg in Umlauf, darunter auch solche mit Bezug zur »Schlacht
bei Spichern«.
Ähnlich wie bei den Postkarten ist auch hier die Anzahl der in Umlauf gebrachten Marken nicht annähernd zu erfassen.
Reenactment
Eine besondere Form der Erinnerung bzw. des Gedenkens an kriegerische Ereignisse stellen Reenactment-Veranstaltungen dar, bei denen historische Schlachten in historischen Uniformen mit entsprechender Ausrüstung nachgestellt werden. Über diese Form der Darstellung historischer Ereignisse kann man durchaus geteilter Meinung sein, passen doch die Realität des Krieges und seine spielerische
Darstellung irgendwie nicht so ganz zusammen ...
Aber nichtsdestotrotz erfreut sich Reenactment gerade im Hinblick auf Kriegsereignisse großer Beliebtheit. Eine derartige Veranstaltung findet auch in unregelmäßigen Abständen auf den Spicherer Höhen, auf der Freifläche vor dem Restaurant Woll statt – zuletzt am 10. August 2013 in einem knapp eineinhalbstündigen, äußerst lautstarken Spektakel, während dem die nachfolgend gezeigten Fotos entstanden sind.
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